Wie die USA die Meinungsfreiheit auf Social-Media einschränkt!
Facebook, Twitter und Co. im Griff des amerikanischen Heimatschutzes.
Das Ministerium für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten, im englischen United States Department of Homeland Security oder kurz DHS genannt, verfolgte seit den US-Präsidentenwahlen 2016, die Aufgabe, Technologieplattformen wie Facebook, Twitter, LinkedIn und andere zu beeinflussen um Veröffentlichungen einzudämmen, die es für gefährlich hielt. Diese Operation blieb in der Öffentlichkeit weitestgehend unbeobachtet. Während der Wahlen 2020 und im Zuge der Diskussion um die CoVid-19-Pandemie und dem Bemühen um die Gestaltung der Diskussion darüber, nahm das DHS richtig fahrt auf. Laut einer Entwurfskopie des Abschlußbericht des DHS zur Strategie und Priorität der Abteilung für die kommenden Jahre, plant das Ministerium „ungenaue Informationen“ zu einer Vielzahl von Themen ins Visier zu nehmen. Hierzu zählen „die Ursprünge der CoVid-19-Pandemie und die Wirksamkeit von CoVid-19-Impfstoffen, Rassenjustiz, der US-Rückzug aus Afghanistan und die Art der US-Unterstützung für die Ukraine.“
Anfang des Jahres 2022 änderte sich alles Schlagartig, als das DHS ankündigte ein Gremium mit dem Namen „Desinformation Gonvernance Board“ zu schaffen. Ein Gremium zur Überwachung von Fehl- und Desinformation in sozialen Medien, die die angeblichen Interessen der USA bedrohen würden. Was die Definition von Desinformation ist, wurde, wie in der Politik üblich, nicht klar definiert, weshalb die Auslegung des Begriffs, eine breite Möglichkeit zur politisch motivierten Entscheidung darüber zulässt, was eine „gefähliche Rede“ darstellt, die die Interessen der USA berühren.
Das DHS geht damit weit über seine ursprünglichen Geltungsbereich hinaus, das Land vor ausländischen Bedrohungen zu schützen. Die Rechtfertigung, das terroristische Bedrohungen „durch online verbreitete Fehl- und Desinformationen verschärft werden können“ ist wohl eher darin zu suchen, politische Manöver zu verschleiern. So wie 2004, als die Bush-Regierung Druck auf das DHS ausübte, die nationale Warnstufe für Terrorismus zu erhöhen, um Wähler vor den Wahlen zu beeinflussen, so der ehemalige DHS-Sekretär Tom Ridge.
US-Beamte lügen permanent, wenn es um gewisse Themen geht, angefangen mit den Ursachen ihrer Kriege in Vietnam und im Irak. Aber auch zu ihrer neueren Verschleierung über die Rolle des National Institutes of Health bei der Finanzierung der Coronavirus-Forschung des Wuhan Institute of Virology.
Vor der Wahl 2020 gab es monatliche Treffen von FBI und der DHS-Unterabteilung CISA (Cybersecurity an Infrastructure Security Agency) und anderen Regierungsvertretern mit verantwortlichen von Facebook, Twitter, Microsoft, LinkedIn, Wikimedia Foundation, Reddit, Discord und Verizon Media. Laut NBC News war es Ziel der Treffen darüber zu diskutieren wie die Firmen während der Wahl 2020 mit Fehlinformationen umgehen würden. Die Treffen waren Teil einer Initiative von Privatsektor und Regierung, die sich 2018 bildete und an denen teilweise auch Vertreter der Task Force für ausländische Einflußnahme des FBi, der Abteilung für nationale Sicherheit des Justizministeriums, Vertreter des Büros des Direktors des Nationalen Geheimdienstes teilnahmen.
Vor den Wahlen 2020 kennzeichnete das DHS zahlreiche Posts als Verdächtig, woraufhin, viele gelöscht wurden, wie Dokumente zeigen. Eine Studie der Election Integrity Partnership an der Stanford University aus dem Jahr 2021, die „in Absprache mit CISA“, der Agentur für Cybersicherheit und Infratstruktursicherheit durchgeführt wurde, zeigt das von 4.800 markierten Elementen bei 35 % von den Technologieunternehmen Maßnahmen ergriffen wurden. Darunter fallen entweder Entfernen, Kennzeichnen oder Soft-Blocking von Sprache, d.h. das Benutzer einen Warnbildschirm umgehen müssen um den Post sehen zu können.
Der wichtigste Unterauschuss der CISA, das CISA Cybersecurity Advisory Committee, fordert den Ausbau der Tools zur Verhinderung von Desinformationen, wie aus interenen Sitzungsprotokollen hervorgeht. So hat Facebook einen formalisierten Prozess für Regierungsbeamte, um Inhalte auf Facebook oder Instagram direkt zu kennzeichnen und zu verlangen, dass sie gedrosselt oder unterdrückt werden, für die man eine Regierungs- oder Strafverfolgungs-E-Mail benötigt. Das spezielle Facebook-Portal ist immer noch Online unter der Adresse: facebook.com/xtakedowns/login und Aktiv.
Der Ausschuss verfasste im Juni auch ein Bericht an den CISA-Direktor, bei der eine umfassende Rolle der Agentur bei der Gestaltung des „Informationsökosystems“ gefordert wurde. Der Bericht drang darauf, die „Social-Media-Plattformen aller Größen, Mainstream-Medien, Kabelnachrichten, überparteiliche Medien, Talk-Radio und andere Online-Ressourcen“ genau zu überwachen. Sie argumentierten, dass die Agentur Schritte unternehmen müsse, um die „Verbreitung falscher und irreführender Informationen“ zu stoppen, wobei der Schwerpunkt auf Informationen liegen müsse, die „wichtige demokratische Institutionen wie die Gerichte oder andere Sektoren wie das Finanzsystem oder die Gesundheitsmaßnahmen in der Öffentlichkeit untergraben.“
Zu den Verfassern des Berichts gehörte auch Vijaya Gadde, bei Twitter zum damaligen Zeitpunkt Leiterin für Rechtspolitik, Vertrauen und Sicherheit. Als Elon Musk am 27. Oktober die Twitterübernahme finalisierte, war seine erste Handlung als neuer CEO von Twitter, Vijaya Gadde zu entlassen und sie unter Begleitung von Sicherheitskräften aus der Zentrale zu geleiten.
„Wer von uns denkt, dass die Regierung ihrer Arbeitsliste die Aufgabe hinzufügen sollte, festzustellen, was wahr und was Desinformation ist? Und wer glaubt, dass die Regierung in der Lage ist, die Wahrheit zu sagen?“ schrieb Politico-Medienkritiker Jack Shafer. „Unsere Regierung produziert Lügen und Desinformation im industriellen Maßstab und hat das schon immer getan. Es überklassifiziert lebenswichtige Informationen, um seine eigenen Bürger daran zu hindern, klüger zu werden. Es zahlt sich für tausende Pressehelfer aus, die Salami mit Fakten zu verstecken.“ So fiel die Reaktion von Jack Shafer zu der Ankündigung der Biden-Administration zum Disinformation Governance Board aus.
Nach der regen Kritik, hat der DHS das Desinformation Governance Board schon vier Monate später im August wieder abgeschafft. Für die schon feiernden Kämpfer der Meinungsfreiheit war es jedoch ein Pyrrhussieg, da die Regierung ihre Bemühungen, die Hoheit über die Meinung zu erlangen, nicht nur fortgesetzt, sondern noch ausgeweitet hat. Das DHS hat die Einwanderungs- und Zollbehörde, die Wissenschafts- und Technologiedirektion sowie den Secret Service mit erweiteren Zuständigkeiten ausgestattet um den Kampf gegen die Meinung, intensiver als je zuvor, fortsetzen zu können.
„Unabhängig von unserer politischen Zugehörigkeit haben wir alle guten Grund, besorgt über die Bemühungen der Regierung zu sein, private Social-Media-Plattformen unter Druck zu setzen, damit sie die von der Regierung bevorzugten Entscheidungen darüber treffen, welche Inhalte wir online sehen können“, sagte Adam Goldstein, Vizepräsident für Forschung bei FIRE. „Jede behördliche Aufforderung an Social-Media-Plattformen, bestimmte Inhalte zu überprüfen oder zu entfernen“, fügte er hinzu, „sollte mit äußerster Transparenz erfolgen.“
Wurde das DHS 2002 als Reaktion auf die Anschläge des 11.September 2001 gegründet um die Koordinierung der gesamten Geheimdienst- und Sicherheitsoperationen der Regierung zur Terrorbekämpfung zu übernehmen, war das DHS, nach der Niederlage der ISIS-Truppen in Syrien und Irak sowie der Rückzug der US-Armee aus Afghanistan, plötzlich ziellos. Eine neue Bedrohung musste her und man fand sie in der Behauptung, das russische Agenten, Desinformationen auf Facebook streuten um die Wahlen 2016 in Richtung Donald Trump zu lenken. Dies führte dazu, dass das FBI die Foreign Influence Task Force gründete, die die Verhinderung ausländischer Einmischung in amerikanische Wahlen zum Ziel hatte.
Das DHS begann inzwischen seine Beobachtungen auch auf einheimische Akteure auzuweiten, die als potenzielle Quellen für Radikalisierung und Umwälzungen angesehen wurden. In einem Memo vom Juni 2020 an D. Trumps DHS-Sekretär Wolf mit der Betreffzeile „Aktion zur Bewältigung der Bedrohung durch Inlandsterrorismus und andere inländische Extremisten“ werden Pläne beschnrieben, „den Informationsaustausch mit dem Technologiesektor auszubauen“ um „Desinformationskampagnen zu idenfizieren, die von Inlandsterroristen verwendet werden, um Gewalt gegen Infrastruktur, ethnische, rassische oder religiöse Gruppen oder Einzelpersonen anzustiften“. Es skizziert Pläne wie der Technologiesektor mit Hilfe der Informationen des DHS auf ihren Plattformen „effektiv ihre eigenen Tools einsetzen können, um Benutzervereinbarungen und Nutzungsbedingungen durchzusetzen und Inlandsterroristische Inhalte zu entfernen“
Auch die Biden-Administration räumt dieser Aufgabe große Priorität ein und veröffentlichte 2021 einen Bericht zur nationalen Strategie zur Bekämpfung des inländischen Terrorismus. „Wir arbeiten mit gleichgesinnten Regierungen, der Zivilgesellschaft und dem Technologiesektor zusammen, um terroristische und gewalttätige extremistische Online-Inhalte anzugehen, auch durch innovative Forschungskooperationen“, fuhr das Strategiedokument fort und fügte hinzu, dass die Regierung „die Krise der Desinformation angeht und Fehlinformationen, die oft über soziale und andere Medienplattformen kanalisiert werden, eine extreme Polarisierung schüren und bei manchen Personen zu Gewalt führen können.“
Das FBI gibt viele Millionen Dollar aus für Tracking-Software (Babel X und Dataminr) mit denen es Social Medias überwachen kann. Zu den offiziellen Aktivitäten der FBI-Abteilung gehören „das proaktive Surfen im Internet, um öffentlich zugängliche Websites und Dienste zu finden, über die die Rekrutierung durch terroristische Oranisationen und die Förderung terroristischer Verbrechen offen stattfinden“. Die Aufgaben sind bekannt und auch deshalb geriet eine hochrangige FBI-Beamtin für Terrorismusbekämpfung bei einer Kongressbefragung unter Druck, als sie fälschlicherweise leugnete, dass das FBI die sozialen Medien der Amerikaner überwacht und daher Drohungen im Vorfeld des Angriffs auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 verpasst hatte.
Was passiert wenn, die ganzen Instrumente des DHS zur Bekämfpung „angeblicher Desinformation“ für politische Zwecke missbraucht werden, zeigt der Fall von Hunter Bidens Laptop im Wahljahr 2020. Als die New York Post über den Fall berichtete, hielt ein Großteil der Öffentlichkeit den Bericht für falsch,“ weil über 50 ehemalige Geheimdienstmitarbeiter behaupteten, die Laptop-Story sein eine Kreation einer „russischen Desinformationskampagne“ gegen die Demokratische Partei. Als Donald Trump versuchte die Story parteipolitisch auszunutzen um Bidens Wahlkampf zu stören, verbot Twitter in den entscheidenden Wochen vor den Wahlen, das Verlinken auf den Bericht der New York Post über den Inhalt des Laptops.
Facebook schränkte die Fähigkeit der Benutzer ein, die Geschichte der NYP anzuzeigen. Im Podcast von Joe Rogan im August 2022 sprach Mark Zuckerberg darüber wie folgt: „Der Hintergrund hier ist, dass das FBI zu uns kam – einige Leute in unserem Team – und meinten: ‚Hey, nur damit Sie es wissen, Sie sollten in höchster Alarmbereitschaft sein, da es bei den Wahlen 2016 viel russische Propaganda gab.‘ “, sagte Zuckerberg zu Rogan. Das FBI sagte ihnen, so Zuckerberg, dass „wir wissen, dass es im Grunde eine Art Desinformation geben wird.“ Als die Geschichte der Post im Oktober 2020 herauskam, dachte Facebook, dass sie „in das Muster passte“, als das FBI ihnen sagte, sie sollten aufpassen.
Erst im Jahr 2022 bestätigten die New York Times und die Washington Post die Echtheit des Berichtes der New York Post. Das Beispiel von Hunter Bidens Laptop ist nur das prominenteste Beispiel, ein anderes ist die CoVid-19-Pandemie und die Rolle der Technologieunternehmen. Der Generalstaatsanwalt von Missouri, Eric Schmitt, hat eine Klage eingereicht gegen die Bemühungen der Biden-Administration, Social-Media-Unternehmen unter Druck zu setzen, bestimmte Formen von Inhalten zu moderieren und zu zensieren, die im Zusammenhang mit der Pandemie stehen.
„Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass Beamte der Legislative und der Exekutive Social-Media-Unternehmen nutzen, um stellvertretend Zensur zu betreiben“, sagte Jonathan Turley, Rechtsprofessor an der George Washington University, der über die Klage geschrieben hat. „Es ist selbstverständlich, dass die Regierung nicht indirekt tun kann, was ihr direkt verboten ist. Wenn Regierungsbeamte eine solche Zensur anordnen oder erleichtern, wirft dies ernsthafte Fragen zum Ersten Verfassungszusatz auf.“
Die der Klage angeführten E-Mails weisen alle einen Haftungsauschluss auf, dass die Agentur „weder die Möglichkeit hat, noch danach strebt, die auf Social-Media-Plattformen zur Verfügung gestellten Informationen zu entfernen oder zu bearbeiten. „Wenn eine ausländische autoritäre Regierung diese Botschaften verschickt“, bemerkte Nadine Strossen, die ehemalige Präsidentin der American Civil Liberties Union, „würden wir das zweifellos Zensur nennen.“
Der DHS übt ständig Druck auf Social-Media-Unternehmen aus und Versucht den Ersten Verfassungszusatz ein Ende zu bereiten. „Wenn die Regierung etwas vorschlägt, ist es nicht allzu schwer, den Samthandschuh auszuziehen, und Sie bekommen die Kettenfaust“, sagte Adam Candeub, Professor für Rechtswissenschaften an der Michigan State University. „Und ich würde solche Aktionen, insbesondere wenn sie bürokratisiert sind, im Wesentlichen als staatliche Maßnahmen und Absprachen der Regierung mit den Plattformen betrachten.“
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